Kommentar / Handeln gefragt: Die Politik muss bei der Armutsbekämpfung aktiv werden
„Wir werden dadurch nicht verschwinden“, kündigte ein Obdachloser in Luxemburg-Stadt im Gespräch mit dem Tageblatt an, als im März 2023 im städtischen Gemeinderat über das Bettelverbot diskutiert wurde. Seit einem halben Jahr gilt dieses inzwischen. Und es zeigt sich: Der Mann hatte recht, die Betroffenen sind nicht verschwunden. Einige trifft man stets an den immer gleichen Orten, andere betteln dagegen nun an Straßen: bei Kreuzungen oder auch mal mitten auf einer vierspurigen Fahrbahn.
Es ist die Rede von einer Verlagerung des „Problems“ – ein Begriff, der sich in dem Kontext wohlgemerkt auf Menschen bezieht. Gelöst ist das sogenannte Problem nicht. Dabei wurde in den vergangenen Wochen, Monaten und Jahren viel Zeit in Diskussionen über das Betteln investiert. Schon 2015 war dieses in einer Ratssitzung am „Knuedler“ Thema, um nur ein Beispiel aus der ferneren Vergangenheit zu nennen. Viel Zeit ist also vergangen. Währenddessen haben gut situierte Personen Energie darauf verschwendet, arme Menschen aus dem Stadtbild zu verbannen. Diese Zeit hätte besser investiert werden können. In Hilfe.
Man hätte sie für das Schaffen zusätzlicher Kleiderstuben oder mehr Waschmaschinen für Bedürftige nutzen können. Oder für den Bau kleiner Unterkünfte. Wege raus aus dem ewigen Teufelskreis, in dem man ohne Adresse den Anspruch auf Sozialhilfe verliert, hätten gesucht werden können. Der juristische Interpretationsspielraum, den die Gesetzgebung zum Betteln offenbar lässt, hätte geklärt werden können. Wenigstens wird sich seit Ende 2022 darum bemüht, die Zahl an Menschen ohne feste Unterkunft zu erfassen. Zahlen zur Hauptstadt liegen bereits vor, neue – dann auch zur Situation in Esch – sollen voraussichtlich kommende Woche folgen. Ein Überblick zum ganzen Land fehlt nach wie vor.
Nun sollen die Prozeduren zum Erhalt von Sozialhilfen einfacher werden – so hat Luc Frieden (CSV) es am Dienstag bei seiner Rede zur Lage der Nation angekündigt. Auch ein nationaler Aktionsplan im Kampf gegen die Armut soll kommen. Das ist zu begrüßen. Ein konkretes Datum nannte der Premierminister allerdings nicht. Hoffentlich kein Spiel auf Zeit. Denn davon wurde bereits genug verschwendet. Besser früher als spät, sollte die Devise sein. Denn: Armut und davon Betroffene werden nicht verschwinden.
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