Kommentar / Maduros Zeit in Venezuela ist abgelaufen
Der kolumbianische Literatur-Nobelpreisträger Gabriel Garcia Márquez hat in seinem Roman „Der General in seinem Labyrinth“ über den südamerikanischen Befreier Simón Bolivar und dessen letzte Reise im Jahr 1830 geschrieben. Um die Jahrtausendwende berief sich der venezolanische Offizier Hugo Chávez auf den Unabhängigkeitshelden und entwickelte aus einigen marxistischen Ideen seine Bolivarische Revolution, die zum „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ führen sollte, finanziert aus dem Ölreichtum des Landes. Chávez starb 2013 an Krebs. Der „Chavismus“ wurde von seinem Nachfolger Nicolás Maduro weiter verwaltet. Doch de Bolivarische Revolution ist längst tot, das Land kaputtgewirtschaftet.
Zumindest besaßen Chávez und seine Ideen genügend Strahlkraft, um Linke weltweit hinter dem Ofen hervorzulocken, wo sie es sich bei aller Kuba-Folklore und Fidel-Castro-Nostalgie gemütlich gemacht hatten. Zu jener Zeit hatten einige der revolutionären Bewegungen in Lateinamerika schon ihre Waffen gestreckt oder waren in den Schatten einer neoliberalen Dekade geraten. Längst vorbei war der Hype um Nicaragua, wohin linke westeuropäische Idealisten in Arbeitsbrigaden gepilgert waren, um als Kinder von Marx und Sandino bei der Kaffeeernte zu helfen. Der Schwung kam schnell abhanden. Immerhin konnten die Zapatisten im südmexikanischen Chiapas unter Subcomandante Marcos eine Vielzahl von Globalisierungskritikern anlocken – bis der maskierte Pfeifenraucher bekannt gab, dass er „nicht mehr existiert“.
Neben dem einstigen Sandinisten-Führer Daniel Ortega, der in Nicaragua vom Revolutionär zum Diktator, Putin- und Ayatollah-Freund mutierte, und den kubanischen Karibik-Apparatschiks hat von der alten Potentaten-Garde nur Maduro durchgehalten. Mit Hilfe der Präsidentschaftswahl wollte er seine Macht legitimieren. Der demokratische Anstrich der autokratischen Herrschaft ist jedoch gründlich misslungen. Die Opposition spricht von Wahlbetrug. Die Wahlen waren weder frei noch fair. Kandidaten wurde die Teilnahme verboten, Wählern der Zugang zu den Wahllokalen erschwert. Die Opposition kocht vor Wut und klopft aus Protest auf die Töpfe im Stile der für Südamerika typischen „Cacerolazos“. Während eine Eskalation zu befürchten ist, steckt Maduro in seinem selbstgebauten Labyrinth fest. Er wäre nicht der erste Staatschef, der über eine manipulierte Wahl stolpert.
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