Kommentar / Der politische Herbst beginnt
Mit dem Schulanfang tritt Luxemburg auch in den politischen Herbst ein. Allen Schülerinnen und Schülern sei an dieser Stelle nur das Beste gewünscht. Was den politischen Herbst angeht, sei uns allen nur das Beste gewünscht. Am Samstag fragten wir mit dem Titel unserer Cover-Story danach, ob denn mit einem lauen Lüftchen oder einem Herbststurm zu rechnen sei. Die Tendenz geht, seien wir ehrlich, in Richtung Sturm.
Der Caritas-Skandal ist längst nicht aufgearbeitet. Außer dass sie sich in der Abwicklung befindet und zur Zukunft der Organisation eine Richtung vorgegeben wurde, bleiben alle Fragen offen. Im Mittelpunkt diese beiden: Wo sind die 61 Millionen Euro? Und: Wie konnte es zu diesem Totalversagen bei der Caritas selbst und bei den involvierten Banken kommen? Der Vertrauensverlust ist gewaltig. Luc Frieden hat die Auflösung der Affäre zur Chefsache erklärt. Das entspricht dem Ziel des Premiers, „Leadership“ auszustrahlen. So etwas kann auch nach hinten losgehen.
Akute Sturmgefahr bringt auch die Debatte um die Rentenreform mit sich. Das Eisen war so heiß, dass es vergangenes Jahr im Wahlkampf niemand wirklich anpackte. Sobald die Koalition von CSV und DP stand, wurde es von der Regierung Frieden-Bettel zu einem ihrer zentralen Vorhaben erklärt. Mit offenen Karten spielen geht anders. Zudem wird man das Gefühl nicht los, dass von Regierungsseite längst feststeht, wo die Reise hingehen soll. Es wäre erneut ein Spiel mit verdeckten Karten.
Hinzu kommen Diskussionen um das Arbeitsrecht und die Kollektivverträge. Arbeitsminister Georges Mischo (CSV) hat sich zu diesem Thema weit aus dem Fenster gelehnt. Seine Vorschläge treffen auch in der eigenen Partei auf Vorbehalte und Mischo hat sich unnötigerweise selbst eine Deadline bis Ende des Jahres auferlegt. Und das bei einem Frontalangriff auf das Stammgebiet der Gewerkschaften OGBL und LCGB. Neben der Rentendebatte ein weiteres Thema voller Konfliktpotenzial in die politische Arena zu werfen, scheint, gelinde gesagt, gewagt.
Fast auf den Tag zehn Monate nach der Bildung der Regierung Frieden-Bettel und mit dem Start in den politischen Herbst sieht die Wetterlage wie folgt aus: Die CSV gibt den Ton an, die DP dackelt hinterher, die Opposition ist nach der Selbstdemontage der Piraten geschwächt, die LSAP aufgrund des Streits um den künftigen EU-Kommissar auf Krawall gebürstet. Dass die ADR immer unterirdischer auftritt, überrascht nicht. Die Entwicklung der Partei während der letzten Jahre ließ keine andere Prognose zu. Nicht einmal zur Verurteilung eines Mordaufrufs aus den eigenen Reihen kann sich die Partei von Fred Keup, Tom Weidig und Alexandra Schoos mehr aufraffen. Eine geistige und moralische Bankrotterklärung. Am liebsten würde man sie wieder auf die Schulbank schicken.
- Luxemburg zählt bald 700.000 Einwohner – die Wachstumsfrage will trotzdem niemand stellen - 25. November 2024.
- Die Staatsbeamtenkammer feiert Geburtstag – Premier Luc Frieden „gratuliert“ mit launiger Rede - 21. November 2024.
- Kein Buddy mit dem Bully: Gute Nacht, USA – aufwachen, Europa! - 9. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos