Kommentar / Kommunikation im Fall Atert-Lycée: Die Luxemburger Behörden glänzen mit Abwesenheit
Stellen Sie sich vor, Sie hocken auf der Arbeit. Auf einmal piept Ihr Handy. Darauf eine Nachricht: „Hast Du das gehört? An der Schule Deines Sohnes gibt es einen Amokalarm! Überall Polizei.“ Was tun Sie dann?
Nicht wenigen Eltern, deren Nachwuchs das Atert-Lycée in Redingen besucht, wird es gestern so ergangen sein. Und nicht wenige sind daraufhin panisch zur Schule gefahren. Andere werden wohl mit einem ziemlich mulmigen Gefühl zu Hause gewartet haben – oder eben auf der Arbeit. Am Ende hat sich der Verdacht, dass eine Person mit einer Waffe in dem Gebäude ist, glücklicherweise nicht bestätigt. Das haben viele Väter und Mütter aber erst spät erfahren. Genauso, wie es ihren Kindern geht, die schlussendlich in ihren Klassenzimmern eingesperrt waren. Die Luxemburger Behörden glänzten am Dienstag im Fach Kommunikation mal wieder mit Abwesenheit.
Dass bei einem solchen potenziellen Notfall die Eltern nicht an der ersten Stelle der Informationskette stehen, ist nachvollziehbar. Es gibt andere Prioritäten, wie auch der Schulleiter des Atert-Lycée dem Tageblatt erklärte. Aber einfach gar nichts sagen? Die erste Pressemitteilung der Polizei – mithin die erste offizielle Mitteilung zu dem Ereignis überhaupt – kam um 10.21 Uhr. Also zwei Stunden, nachdem der Alarm ausgelöst wurde. Darin berichten die Beamten von einem „Einsatz im Lyzeum aufgrund einer verdächtigen Person“. Wie viele Eltern werden zu diesem Zeitpunkt schon über TikTok, Facebook und Whatsapp die abenteuerlichsten Geschichten gehört haben?
Die Entwarnung kam dann um 11.03 Uhr. Ebenfalls von der Polizei. Zweieinhalb Zeilen waren der Pressestelle der „Police“ diese entscheidende Nachricht wert – über ein Ereignis, das mit Sicherheit Tausende in der Region rund um die Nordgemeinde in Aufregung versetzt hat.
Man kann nicht nicht kommunizieren, sagte der Medienwissenschaftler Paul Watzlawick vor mehr als 50 Jahren. Und das gilt erst recht im Jahr 2024, in dem sich Fake News effizient wie nie über die sozialen Medien in den Nachrichtenfeed der Menschen fressen. Es bleibt abzuwarten, wann die Luxemburger Behörden diese Realität endlich akzeptieren – anstatt ihr immer mehr auszuweichen.
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