Politflüsterer / Auf der Suche nach besseren Zeiten
Nach dieser Woche hat der Politflüsterer Verständnis für alle Menschen, die eine gewisse Nachrichtenmüdigkeit verspüren. In den USA zum Beispiel sollen 42 Prozent der Erwachsenen aktiv Nachrichten meiden, weil sie genug von Krieg und Krisen haben. In Deutschland sollen es 32 Prozent sein. Doch was bringt es, die Augen vor der Realität zu verschließen? Krieg und Krisen verschwinden doch nicht einfach so, indem man die drei Affen mimt, oder etwa doch? Einen Versuch ist es wert, denkt der Politflüsterer und schließt die Augen … vergebens. Trump hat immer noch die Wahlen gewonnen und in Deutschland gibt es immer noch keine stabile Regierung. Die politische Realität ist doch ganz schön deprimierend.
Allerdings nicht für jeden. Der Vertreter der Luxemburger Rechten im EU-Parlament drückte seine Freude gleich in einem Brief an den zukünftigen US-Präsidenten aus. Auf Englisch, versteht sich. Seine Partei feierte Trumps Wahlsieg in ihrem Hauptquartier in Luxemburg. Mitgefeiert hat einer, den die ADR bereits 2012 aufgrund seiner rechtsextremen Ansichten gebeten hatte, aus der Partei auszutreten. Die neue Präsidentin betonte zuletzt immer wieder, dass sie keine rechtsextremen Tendenzen in der Partei akzeptiere. Ist Lexy Schoos etwa auch von dieser Nachrichtenmüdigkeit betroffen und kann sich nicht mehr an ihre Aussagen in der Presse erinnern? Soll noch einer behaupten, die US-Wahlen hätten keinen direkten Einfluss auf Luxemburg. Ihr Parteikollege in Brüssel verspürt dadurch sogar neue Hoffnung für den Frieden in der Welt. Der muss auch einer dieser Nachrichtenmeider sein, anders ist dieser Optimismus nicht zu erklären.
Optimismus benötigen momentan auch unsere deutschen Nachbarn. Nachdem die Bürger schon länger mit der Ampel abgeschlossen haben, kam die Ampel nun endlich zum gleichen Schluss und macht den Weg frei für die nächste GroKo. Damit ist doch noch immer ein Bündnis zwischen CDU und SPD gemeint, oder?
Ebenfalls abgeschlossen, und das gleich mit der Politik an sich, haben die Luxemburger Piraten. Sie sind schon seit Monaten dabei, sich abzuwickeln. Politische Überzeugungen suchte man ohnehin vergebens. Ihre Anpassungsfähigkeit haben sie aber noch nicht verloren. Die Piraten scheinen ins Bankgeschäft eingestiegen zu sein. Kredite und Leasingverträge sind wohl lukrativer als der Einsatz für die Demokratie, denkt der Politflüsterer, nimmt sich eine Zeitung und sucht nach besseren Zeiten. (Chris Schleimer)
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