Zustimmung im Ausschuss / Petition fordert Ende der Jungfräulichkeits-Zertifikate
Die ärztliche Untersuchung der Jungfräulichkeit ist erniedrigend, diskriminierend und unwissenschaftlich. Ein Verbot dieser Praxis fordert die Petition 2755, die nun ein Jahr nach der Einreichung endlich Thema im Petitionsausschuss war.
Jungfräulichkeit war nie eine wissenschaftliche Frage. Die Vorstellung, eine Frau sei rein, wenn noch kein Mann in sie eingedrungen ist und unrein, verbraucht oder beschädigt, wenn doch, ist eine der ältesten Mythen des Patriarchats. Und damit älter als die Biologie, älter als die Medizin. Umgangssprachlich wird das Hymen heute noch als „Jungfernhäutchen“ beschrieben. Dabei ist das kleine Stück Schleimhaut von Frau zu Frau unterschiedlich groß und flexibel, kann also auch nach dem ersten Geschlechtsverkehr noch intakt sein. Ungeachtet dessen, wurde das „Jungfernhäutchen“ über Jahrhunderte hinweg als Siegel verstanden.
Eine Folge dieser entmenschlichenden Ideologie sind „Jungfräulichkeits-Zertifikate“, ausgestellt von einem Arzt. Betroffene Mädchen müssen diese ihren Eltern vorlegen, um zu beweisen, dass sie noch keinen Sex hatten. Eine Petition, die am Mittwoch im Gesundheitsausschuss besprochen wurde, fordert ein Verbot dieser Praxis in Luxemburg – so wie es in Frankreich oder Belgien bereits der Fall ist.
Initiiert wurde Petition 2755 von der Sozialarbeiterin Enji Ismaili und der Französischlehrerin Sandra Dessi. Ihre Petition unterschrieben in kurzer Zeit über 5.200 Menschen. Unterstützt wurde sie vom „Planning familial“ und vom „CID Fraen an Gender“. Das war bereits im Sommer 2023. Durch die Chamber-Wahl und die Konstituierung der neuen Regierung erreicht das Ersuchen erst jetzt die zuständige Kommission. Die neue Regierung hat das Verbot zwischenzeitlich in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen.
Petentinnen berichten
In ihren Berufen kommen Ismaili und Dessi in Kontakt mit betroffenen Mädchen, erzählten die Petentinnen im Jahr 2023 dem Tageblatt. Die Schülerinnen berichteten von Unmenschlichkeit, Wut, Einschüchterung und Verzweiflung.
Information und Sensibilisierung seien sehr wichtig, jedoch könne ein Verbot auch hier helfen. „In Frankreich müssen Gynäkologen melden, wenn sie nach einem Zertifikat gefragt werden. Die Meldung muss nicht in einer Strafe enden. Sie kann eine Chance sein, die Aufklärungsarbeit mit den Familien zu machen“, erklärt Dessi in der Petitionskommission.
Abgesehen davon, dass Jungfräulichkeit nicht medizinisch nachweisbar sei, handele es sich um eine archaische und diskriminierende Praxis, deren Ziel darin liege, junge Mädchen und ihre sexuellen Aktivitäten zu kontrollieren, erläutert der Petitionstext. Nicht nur wird das Recht auf körperliche Selbstbestimmung verletzt, sondern auch der Grundsatz der Geschlechtergleichheit. Nach der Jungfräulichkeit der Jungs fragt schließlich niemand.
Eine Schülerin blieb Sandra Dessi und Enji Ismaili in Erinnerung. Ihr konnten die beiden nicht weiterhelfen. Mit einem Gesetz hätten junge Frauen die Möglichkeit, zu sagen: Stopp, das will ich nicht!
- OGBL reagiert auf Übernahme von Intelsat durch SES und zeigt sich besorgt - 30. April 2024.
- Verfolgungsjagd endet im Heck des Dienstwagens der Polizei - 30. April 2024.
- GPS-Störungen im Nahen Osten: Luxair muss auf alternative Navigationssysteme zurückgreifen - 30. April 2024.
Finstertes Mittelalter im 21. Jahrhundert.