Europameisterschaften in Hamm / Was Equipped Powerlifting ist und warum Luxemburg eine wichtige Rolle spielt
Zwei Europameisterschaften, 375 Athleten, elf Luxemburger und zehn Tage Wettkampf: Auf den Luxemburger Verband der Powerlifter und Gewichtheber kommt vom 1. bis zum 12. Mai eine wahre Mammutaufgabe zu. Dann werden nämlich die EMs im Equipped Powerlifting in der Sporthalle in Hamm ausgetragen. Doch Erfahrung mit Europa- und gar Weltmeisterschaften im Powerlifting hat die PWF allemal, wie ein historischer Rückblick zeigt.
Classic vs. Equipped: Die Unterschiede
Powerlifting, auf Deutsch auch Kraftdreikampf bzw. „Force athlétique“ auf Französisch, gehört zusammen mit dem Weightlifting (Gewichtheben oder Stemmen) und weiteren Disziplinen zu den Kraftsportarten und setzt sich aus drei Übungen zusammen: Kniebeuge (Squat), Bankdrücken (Bench Press) und Kreuzheben (Deadlift). So weit, so gut. Doch dann besteht noch eine Unterscheidung zwischen Classic – auch Raw genannt – und Equipped Powerlifting. Was hat es damit auf sich?
„Classic und Equipped verhalten sich ein wenig wie Hochsprung und Stabhochsprung zueinander, in dem Sinne, dass das Ziel das gleiche ist, aber eine komplett andere Technik und einen anderen Ablauf verlangt“, erklärt Mark Notschaele, Luxemburgs amtierender Masters-3-Weltmeister im Classic Powerlifting und zum ersten Mal bei einem Turnier im Equipped dabei. Auch das gibt es: nach mehr als 40 Jahren Erfahrung mit der Langhantel eine ganz neue Herausforderung in Angriff zu nehmen. Die Ausstattung macht nämlich den Unterschied zwischen den beiden Formen des Kraftdreikampfs aus: Während beim Classic Powerlifting lediglich ein Hebergürtel, Knieschoner und Handgelenkbandagen erlaubt sind, kommt beim Equipped eine ganze Palette an spezialisiertem Zubehör zum Einsatz. Wie in vielen Sportarten haben sich die Möglichkeiten in der Textiltechnologie im Laufe der Jahrzehnte weiterentwickelt: Neue Stoffarten und Hilfsmittel kamen zum Einsatz, die es erlaubten, immer schwerere Gewichte zu bewegen. Daraus ist eine Unterteilung zwischen den beiden Bereichen entstanden.
Ob Classic oder Equipped, bei allen vom Weltverband IPF ausgetragenen Wettkämpfen müssen Heberanzug und Zubehör auf der offiziellen Liste der zugelassenen Modelle zu finden sein. Selbst bei der Länge der T-Shirt-Ärmel und der zugelassenen Unterwäsche wird beim „Weigh-in“ genauer hingeschaut – ein Beweis, dass der Sport auf allen Ebenen ernst genommen wird und man weit entfernt von Folklore und Mucki-Wettbewerben ist, wie Nationaltrainer Alain Hammang häufig betont. Konkret sind im Equipped zusätzlich zum Hebergürtel sehr eng anliegende und mehrmals umgewickelte Kniebandagen sowie spezielle Anzüge – „bench press shirts“ und „deadlift/squat suits“ – im Einsatz. Das bedeutet: eine ganz eigene Technik, extreme Spannung – und mehrere blaue Flecken. Wer ins Equipped Powerlifting einsteigen möchte, sollte nicht zu schmerzempfindlich sein, denn allein das Anziehen des Equipments nimmt viel Zeit und die Hilfe Außenstehender in Anspruch.
Luxemburg: ein Land mit Geschichte im (Equipped) Powerlifting
In den vergangenen Jahren hat Powerlifting einen großen Aufwind erlebt – und mittendrin: Luxemburg. Das kleine Land verzeichnet immer mehr Teilnehmer an den diversen Meisterschaften, allerdings vorwiegend im Classic. Für viele der in den kommenden Wochen startenden Luxemburger steht somit eine Premiere an. Blickt man allerdings in die Geschichtsbücher, hat das Großherzogtum – außerdem Sitz des Weltverbands – Höchstleistungen vorzuweisen. Unvergessen sind die Rekorde, Europa- und Weltmeistertitel von Anibal Coimbra und Marion Hammang. Von den 80ern bis in die 2010er-Jahre blickte die Welt auf Luxemburg, wenn es um die Sportart und spezifisch um den Equipped-Bereich ging.
Der Equipped-Markt ist sozusagen leergefegtIPF-Präsident
Alain Hammang, seit 2023 auch Vorsitzender der Trainerkommission beim Weltverband, hat aber noch lange nicht genug und trainiert zurzeit eine neue Generation hungriger Athleten heran. Die meiste Erfahrung bringen die amtierende Weltmeisterin im Bankdrücken Ankie Timmers, die ursprünglich aus Holland kommt und nun für Luxemburg antritt, der seit Kindesbeinen trainierende Medaillengewinner bei den Junioren Philippe Parage und der amtierende Westeuropa-Meister Gabriel Ndoja mit. Sie wissen, dass jedes Detail zählt. Emma Weydert, Alba Jurado, Tomás Vicente Santana, Ben Feiereisen, Kevin Nilles, Yannick Djankou und Gabriel de Almeida haben vor vielen Monaten mit der Umstellung auf Equipped-Material begonnen und unaufhörlich an ihrer Technik gefeilt. Dass nur elf Luxemburger bei den Meisterschaften starten, liegt sowohl an den Anforderungen als auch an den hohen Kosten für die Anzüge. Hinzu kommt das Problem, dass die Nachfrage das Angebot in diesem Bereich zurzeit übertrifft: „Der Equipped-Markt ist sozusagen leergefegt“, sagt IPF-Präsident Gaston Parage. Die bereits sehr niedrige Anzahl an spezialisierten Herstellern käme fast nicht mit der Produktion hinterher.
Masters mit Power
Am Mittwoch, dem 1. Mai, geht es los mit der Masters-EM. Dabei handelt es sich ausschließlich um Athleten mit mehr als 40 Jahren. Der älteste Teilnehmer ist der 77-jährige John Terragni aus Dänemark und mit 180 kg im Squat, 125 im Bench Press und 192,5 im Deadlift gemeldet. Mark Notschaele ist der einzige Masters-Athlet aus Luxemburg bei dieser EM, die am Samstag, dem 4. Mai endet. Der Welt- und Europameister wird sich einen packenden Zweikampf mit dem Finnen Tapani Laitala leisten, der einen Vorsprung von 655 gegenüber 645 hat. Gut möglich, dass der Kampf um die Medaillen erst im letzten Versuch entschieden wird. Bereits in jungen Jahren hat Notschaele im Equipped Powerlifting experimentiert, aber jetzt bei einer EM zu starten, sei eine neue Herausforderung, die er gerne annimmt. Auch nach vier Jahrzehnten Kraftsport lerne man stets hinzu.
Subjuniors, Juniors und Open
Vom Dienstag, dem 7., bis Sonntag, dem 12. Mai, gehen dann die anderen Altersklassen an den Start. Junior-Athletin Emma Weydert hat auf jeden Fall vor, einige Medaillen nach Hause mitzunehmen. Gute Chancen auf einen Podiumsplatz hat Tomás Vicente Santana, der sich wohl einen packenden Zweikampf mit dem Bulgaren Kaloyen Panayotov liefern wird. In der Open-Klasse kann Alba Jurado auf ihre Erfahrung bei der Westeuropa-Meisterschaft zurückgreifen, während Ankie Timmers einen Podiumsplatz im Visier hat. Beim Equipped kann alles passieren – Disqualifizierungen aufgrund von Fehlversuchen in allen drei Übungen sind keine Seltenheit. Doch die elf Luxemburger, unabhängig von ihrer Erfahrung, werden allen daransetzen, dass das Heimspiel gelingt – und die Erfolgsgeschichte „Luxemburg und Powerlifting“ weitergeschrieben wird.
Gaston Parage liebt die Herausforderung
„Powerlifting ist eine Sportart in enormem Aufwind“, sagt Gaston Parage, Weltverbands-Präsident und Luxemburger. Diesen Elan möchte er auch beim Heimspiel in den kommenden Wochen nutzen. Sein Hauptaugenmerk liegt auf dem Kampf gegen Doping, sowohl auf luxemburgischer als auch auf internationaler Ebene. Schwarze Schafe haben kaum noch die Möglichkeit, ins Rampenlicht zu treten, und die Anzahl positiver Dopingproben ist mittlerweile extrem niedrig. Seit zwölf Jahren ist Parage an der Spitze der IPF, welcher 120 Verbände angehören, und sowohl für seine Offenheit als auch für seine strikte Linie beim Befolgen der Regeln bekannt. Wann immer möglich, versucht er bei den Wettkämpfen in Luxemburg dabei zu sein.
Diese Luxemburger sind am Start
Mark Notschaele
Kategorie: -120 kg, Masters 3
Einsatz: Donnerstag, 2. Mai zwischen 13.30 und 16.30 Uhr
Bestleistungen Equipped: 650 kg insgesamt mit Kniebandagen
Bestleistungen Classic: 265 kg Squat/175 kg Bench Press/270 kg Deadlift/707,6 kg insgesamt
Tomás Vicente Santana
Kategorie: -74 Subjuniors
Einsatz: Dienstag, 7. Mai zwischen 15.30 und 20.00 Uhr
Bestleistungen Equipped: /
Bestleistungen Classic: 192,5/128/220/539
Emma Weydert
Kategorie: -57 Juniors
Einsatz: Mittwoch, 8. Mai zwischen 14.30 und 18.30 Uhr
Bestleistungen Equipped: /
Bestleistungen Classic: 117,5/60,5/145/320
Ben Feiereisen
Kategorie: -93 Juniors
Einsatz: Donnerstag, 9. Mai zwischen 10.00 und 14.00 Uhr
Bestleistungen Equipped: /
Bestleistungen Classic: 190/105/215/510
Philippe Parage
Kategorie: +120 Juniors
Einsatz: Donnerstag, 9. Mai zwischen 14.30 und 18.30 Uhr
Bestleistungen Equipped: 325/202,5/290/802,5
Bestleistungen Classic: 287,5/160/292,5/740
Kevin Nilles
Kategorie: -66 Open
Einsatz: Freitag, 10. Mai zwischen 15.30 und 19.00 Uhr
Bestleistungen Equipped: /
Bestleistungen Classic: 185/102,5/222,5/505
Yannick Djankou
Kategorie: -83 Open
Einsatz: Freitag, 10. Mai zwischen 15.30 und 19.00 Uhr
Bestleistungen Equipped: /
Bestleistungen Classic: 225/157,5/270,5/644
Alba Jurado
Kategorie: -69 Open
Einsatz: Samstag, 11. Mai zwischen 10.00 und 13.30 Uhr
Bestleistungen Equipped: /
Bestleistungen Classic: 132,5/80,5/173/382,5
Gabriel de Almeida
Kategorie: -93 Open
Einsatz: Samstag, 11. Mai zwischen 14.30 und 19.30 Uhr
Bestleistungen Equipped: /
Bestleistungen Classic: 237,5/155/237,5/630
Ankie Timmers
Kategorie: -84 Open
Einsatz: Sonntag, 12. Mai zwischen 10.00 und 14.00 Uhr
Bestleistungen Equipped: 237,5/195/232,5/650
Bestleistungen Classic: 180/124/217,5/517,5
Gabriel Ndoja
Kategorie: -120 Open
Einsatz: Sonntag, 12. Mai zwischen 14.30 und 18.00 Uhr
Bestleistungen Equipped: 312,5/240/290/832,5
Bestleistungen Classic: 267,5/187,5/290/742,5
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