Agrarsektor / Die Bauern brauchen eine Perspektive
Solidarität und Verbundenheit lassen sich kaum besser zeigen als auf der Moselbrücke von Schengen. Die „Lëtzebuerger Landjugend a Jongbaueren“ demonstrierten dort vergangenen Mittwoch die Solidarität mit ihresgleichen aus den Nachbarländern gegen die Agrarpolitik der Europäischen Union. Europaweit sind Bauern in jüngster Zeit unter anderem in Brüssel mit ihren Traktorkolonnen gegen EU-Bürokratie, Subventionskürzungen und Umweltauflagen zu Felde gezogen, auf gewaltigen Landmaschinen mit riesigen Rädern und Hightech-Ausstattungen als Symbole einer hochtechnisierten, mit EU-Geldern subventionierten Intensivlandwirtschaft. Für den Zeitraum 2021 bis 2027 wurden der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 387 Milliarden Euro bereitgestellt, etwa ein Drittel des EU-Gesamtbudgets.
So unterschiedlich die Motive je nach Land sind, der Grund für den Frust der Protestierenden wird vor allem in der Gängelung durch Brüssel und in einer erschwerten Planungssicherheit gesehen. Hinzukommen „Dumping-Importe aus Drittstaaten“, wie aus einer Pressemitteilung der „Baueren-Allianz“ und des „Fräie Lëtzebuerger Bauereverband“ hervorgeht. „Wir als Luxemburger Bauern sind in einer vergleichsweise privilegierten Situation“, sagte Christian Wester, Präsident der Bauernzentrale, gegenüber dem Tageblatt. Dies liege nicht zuletzt an dem „guten Dialog“ mit der CSV-geführten Regierung: Agrarministerin Martine Hansen traf sich bereits im Januar mit den Vertretern des Sektors (und versicherte ihnen, dass keine Beihilfen gekürzt werden), Premierminister Luc Frieden vergangene Woche.
Die Landwirte dürfen sich jedoch nichts vormachen: Zwar behaupten sie stets, sie würden in und an der Natur arbeiten, verursachen aber gerade durch die intensive Landwirtschaft auch Schäden in der Natur. Daher müssen wohl oder übel etwa die Direktzahlungen aus dem GAP-Fonds an ökologische Leistungen gebunden werden – an eine Landwirtschaft, die Biodiversität, Grundwasser und Klima schützt, chemische Pestizide und Düngemittel reduziert und ihre Erzeugnisse im Einklang mit der Umwelt produziert, was auch eine Regelung bezüglich von Brachflächen beinhaltet. Schließlich leidet der Sektor, etwa durch Dürre oder Starkregen, wie kaum ein anderer unter dem Klimawandel. Nicht zuletzt muss der Biolandwirtschaft und den Jungbauern eine Perspektive aufgezeigt werden. Schon lange herrscht in dem Sektor ein eklatanter Nachwuchsmangel. Ein banales „Weiter so“ – das in den vergangenen Jahrzehnten zu einem immer größeren Konkurrenzdruck und anhaltendem Sterben kleiner Höfe bei einer gleichzeitigen Zunahme von Betriebsgröße und bewirtschafteter Fläche nach dem Motto „Wachse oder stirb!“ sowie zu einer gestiegenen Abhängigkeit von der Marktmacht der Agrarkonzerne geführt hat – wird keine Lösung sein, sondern der Anfang vom Ende eines Teils des heimischen Primärsektors.
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Lasst uns den ganzen europäischen Agrarkuddelmuddel abschaffen.
Für alle diese Nieten gehe ich nicht zur Europawahl. Die Schweiz braucht kein Europa. Luxemburg auch kaum. BREXIT?
@jung.luc.lux
Allein 30% an Gemüse und Obst in der Schweiz kommt aus Spanien, die anderen Länder nicht eingerechnet. Die Schweiz schützt ihren Markt mit hohen Zöllen und Direktzahlungen an die Bauern von 2.8 Milliarden pro Jahr, wovon ca 25% Lohnanteil sind. Zudem ist die Bauernlobby im Parlament überproportional vertreten und der Endkunde zahlt überhöhte Preise im Laden. Dieses System nervt die Bürger im Land immer mehr.
Und ganz generell muss man wissen, dass die Schweiz ca 90 % der EU-Bestimmungen automatisch ins eigene Recht übernimmt, dies aufgrund der bilateralen Verträge, ansonsten kein reibungsloser Handel möglich wäre.
Die Schweiz braucht Europa sehr wohl, umgekehrt eher weniger.