Editorial / Schlussmachen mit rechts – Die Demos in Deutschland könnten ein Signal für Europa sein
Die Enthüllungen machten sprachlos: Nazis haben in Deutschland auf einem konspirativen Treffen Ende November Pläne zur „Remigration“ ungeliebter Bevölkerungsgruppen diskutiert – also der massenhaften, rassistischen Abschiebung von Menschen. Von dieser „Remigration“ wären Ausländer wie Deutsche mit Migrationshintergrund betroffen. Unliebsame Stimmen wie Flüchtlingshelfer könnten gleich mit abgeschoben werden, lautete eine weitere Idee. Mit dabei bei dem Treffen: Politiker der in drei Bundesländern als gesichert rechtsextrem eingestuften, aber ungemein erfolgreichen AfD. Und auch Mitglieder der konservativen, derzeit nicht ganz so erfolgreichen CDU. Das berichtete das Recherchezentrum Correctiv am 10. Januar.
Die Pläne zeugen von einer Denkweise, die an längst vergangene Zeiten erinnert. Sind sie nur die nächste Stufe in der bewährten Strategie der Diskursverschiebung der Rechtspopulisten? Oder sind die Rechten diesmal den entscheidenden Schritt zu weit nach rechts gegangen? Anders gefragt: Wird’s Luxemburgs Nachbarn – und dem Rest Europas – jetzt langsam endlich mal zu braun?
Seit den Correctiv-Enthüllungen gibt es zumindest in Deutschland Demonstrationen. Eine öffentlich sichtbare Bewegung gegen rechts, die nicht nur die Politik umfasst. Das ist ein längst überfälliges Signal. Denn die „Zivilgesellschaft“, oder der „andere“ Teil der gespaltenen Gesellschaft des Landes, hatte sich auf der Straße bis jetzt mehr als höflich zurückgehalten. Es ist höchste Zeit, dass die Menschen in Deutschland sich selbst, ihren völkischen Spinnern und auch dem Rest Europas zeigen, dass die rechte Vereinnahmung aller Debatten ihr Ende erreicht hat.
Die andere Möglichkeit, sich den Rechten entgegenzustellen, ist an der Wahlurne.
Zumindest laut Umfragen ist der rechte Rand in einigen deutschen Regionen inzwischen offenbar so breit, dass er fast über die Mitte hinausragt. Anfang des Monats kam eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Civey zu dem Ergebnis, dass die AfD bei einer Wahl in dem ostdeutschen Bundesland Sachsen mit 37 Prozent stärkste Kraft werden könnte. Eine Forsa-Umfrage sieht die AfD bei einem Stimmenanteil von 31 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern. Zehn Punkte mehr als vor einem Jahr – und doppelt so viel wie bei den Wahlen 2021. Wohlgemerkt: Diese Umfrage wurde vom 10. bis zum 16. Januar gemacht. Die befragten Bürger gaben also zum größten Teil Antwort, nachdem Correctiv die feuchten Nazi-Abschiebe-Träume enthüllt hatte.
Ein „Rechtsruck“ wird, wenig überraschend, auch bei einer anderen großen Wahl erwartet: der Europawahl im Juni. Die Januar-Erhebung des Portals Euractiv sieht die beiden Right-Wing-Parteienfamilien EKR und ID in einem kommenden EU-Parlament insgesamt bei mehr als 23 Prozent. In Frankreich, den Niederlanden und Österreich würde die ID demnach national sogar die meisten Stimmen bekommen, in Italien die EKR.
Die Mobilisierung gegen rechts muss also weitergehen – europaweit. Auch in Luxemburg kann man dabei ein Zeichen setzen. Indem man bei der Europawahl eben nicht die Rechten, die Populisten und die Spalter wählt.
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Nust de contraire geschitt. Dei Riets an Europa get iwerall mei staark. An dat well dei etableiert Politik iwerall versot. Trotz Manifestatiounen. cf. Weimarer Republik.
…ob diesmal unsere sogenannten ,,Regierenden-Unverantwortlichen,,aus ihrem Tiefschlaf erwachen?
Denkweisen, besonders wenn sie direkt von Gott stammen, lassen sich meiner Meinung nach nur mit einer jahrhundertenlangen, immer wieder hergestellten Transparenz verändern.
▪ Besonders jene „JL“-Ausgaben, die den Nationalfeiertag zelebrieren, sind gekennzeichnet von rassistischen, antijüdischen und fremdenfeindlichen Artikeln: „Letzebuerg de Letzebuerger ist von sehr aktueller Wahrheit, denn immer stärker wird bei uns der Zuwachs an fremdrassigen und fremdgeistigen Elementen. Wir standen während des Fackelzuges am letzten Samstag nahe dem Palais und um uns hörten wir sehr oft ein Zeug sprechen, welcher frischer Import aus den Ghettos Polens oder Galiziens zu sein schien. Bezeichnend ist in dieser Hinsicht ein Satz, den seine Excellenz der Hochw. Herr Bischof gelegentlich der Generalversammlung am Ostermontag aussprach: ‚Es tut einem doch weh, wenn man über die Adolfbrücke geht und hört von Hunderten Leuten, die da reden, nicht einen Luxemburger heraus. Wir sind nicht fremdenfeindlich, aber daß wir derart von Fremden überlaufen sind, daß wir Luxemburger zu Fremden im eigenen Land werden, das ist doch ein starkes Stück. Luxemburg gehört uns, gehört uns jetzt. Wir sind nicht da, fremdem Zeug eine warme Brutstätte abzugeben‘. ‚Es wäre gut in Luxemburg‘, soll sich ein fremder Hebräer geäußert haben, ‚und wenn nur die paar Luxemburger noch weg wären, wären wir ganz unter uns.‘ Daß es nicht soweit kommt, dafür wird schon noch gesorgt werden. Keine Angst“.
(„Jung Luxemburg“, das Wochenblatt des „Verbandes der Luxemburger katholischen Jugendvereine“, 24. Jg, No. 5, 30.01.1937)
(Lucien BLAU, Eine rechtsradikale Zeitschrift der 30er Jahre, forum 2015)
MfG
Robert Hottua
Luxemburg täte gut daran, sich ebenfalls vehement gegen rechte Stimmungsmache und rechte Machtgelüste zu artikulieren.
Wer den rhetorischen Wandel der ADR während den vergangenen wenigen Jahren beobachtet, kommt nicht umhin festzustellen, dass programmatisch eine Annäherung an die deutsche AfD stattgefunden hat.
Eine rechte Partei mit Fraktionsstärke im Parlament ist nicht bloß eine Schande für Luxemburg. Es ist eine gefährliche Situation da der rechte Diskurs immer weiter normalisiert wird. Nicht zuletzt mit Hilfe der Medien, die, statt die ADR zu meiden resp. zu ignorieren, ihren politischen Köpfen immer wieder eine Plattform gibt, ihr Gedankengut öffentlich zu propagieren. Und ebenfalls Politiker der anderen Parteien sollten damit aufhören, ADR-Politiker als „normale“ Gesprächspartner zu behandeln, sondern Abstand zu diesen gewinnen und immer wieder deutlich machen, dass ADR-Politiker überall und zu jeder Zeit unerwünscht sind.
Noch ist Zeit für Medien und Politiker, ihr verhalten bezüglich der ADR zu korrigieren …