Kommentar / „Jonkt Geméis ouni Anung“: Jung, weiblich, politisch engagiert – und vorverurteilt
Und schon kriechen die Wutbürger, unter denen – ja, sorry! – viele alte Männer sind, aus ihren Löchern und halten die Mistgabeln hoch: Jill Goeres, 20 Jahre alt, wurde in Bech zur Bürgermeisterin gewählt. Damit ist sie die jüngste Person in Luxemburg, die ein Bürgermeisteramt bekleidet. Dass das bei einigen sauer aufstoßen würde, war wohl vorauszusehen. Während viele es als positives Zeichen bewerten, dass sich die häufig als faul und ahnungslos verteufelten jungen Menschen politisch engagieren, werfen einige User in den Kommentarspalten der Presseartikel Jill Goeres vor, „null Lebenserfahrung“ zu haben und deswegen „absolut ungeeignet“ für ein politisches Amt mit so viel Verantwortung zu sein.
Diesen Kritikern kann man nur antworten: Nur weil ihr in diesem Alter grün hinter den Ohren wart und nichts vom Leben kanntet, bedeutet es nicht, dass das bei anderen Menschen der Fall sein muss. Außerdem gibt es auch reichlich 60-Jährige, die „vun Tuten a Blose keng Anung hunn“. Ob Frau Goeres für dieses Amt geeignet ist, wird sich erst zeigen. Dafür muss man sie aber erst mal handeln lassen.
Eine Portion Skepsis ist immer gesund. Doch einer Person, die politisch tätig werden möchte, Kompetenzen einzig aufgrund ihres Alters abzusprechen, obwohl sie, mit Ausnahme einer kurzen Dankesrede, bislang keinen Pieps von sich gegeben hat und wahrlich noch keine Sekunde Zeit hatte, um sich zu beweisen, spricht Bände darüber, was manche Menschen in Luxemburg von jungen Frauen, die sich politisch engagieren, halten. Bei aller Kritik, dass eine 20-Jährige angeblich nicht für die Belange einer Gemeinde einstehen könnte, könnte man den Spieß genauso gut umdrehen: Können 70-Jährige ein politisches Sprachrohr für junge Menschen sein und Entscheidungen fällen, von denen sie selbst kaum betroffen sind?
Es ist schon leicht surreal: Vielerorts wird behauptet, junge Menschen, vor allem junge Frauen, würden sich nicht für Politik interessieren – und wenn sie es doch tun, wird trotzdem gekrächzt.
Einige belächeln das Wahlergebnis und meinen: „Es ist ja nur Bech! Da läuft nichts, also ist es wurscht!“ Doch auch kleine Gemeinden verdienen es, mit einer kompetenten Hand geführt werden. Ob dies in Bech der Fall sein wird? Abwarten! Die „Granzerten“ mit der Glaskugel wissen aber scheinbar bereits mehr als der Rest des Landes. Zum Glück bilden sie eine – wenn auch laute – Minderheit und das allgemeine Echo zum Becher Wahlergebnis scheint eher positiv zu sein.
Mit 20 Jahren kann man, zumindest auf dem Papier, Firmen gründen, selbstständig werden, ein Haus kaufen. Das Wahlrecht gilt in Luxemburg ab 18: Wer wählen darf, sollte sich auch politisch engagieren und – wenn das Volk es so will – Bürgermeister*in werden dürfen.
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Wenn die Einstellung stimmt, und das ist bei einer 20 jährigen Frau bestimmt der Fall, die sich dann noch in einem hilfreichen Umfeld befindet, wäre mir das lieber als ein 50-70 jähriger Politverdrossener, der sich nur noch in die eigenen Taschen schaufelt. Sollten die Männer die diese junge Frau politisch beraten, es nicht schaffen können oder wollen, sie im Amt zu halten, dann sind sie klägliche Versager. Viel Erfolg an die kühne Amazone.
In der Gemeinde Saeul, der kleinsten Gemeinde des Landes, schauts ähnlich aus: eine junge Frau hat die drittmeisten Stimmen erhalten, nun wollen der erst und zweitgewählte allerdings einen Mann (5t gewählter) mit ins Boot nehmen. Es wäre das erste Mal in der Geschichte der Gemeinde Saeuls gewesen, dass eine Frau zur Schoeffen geworden wäre.
Die Ironie dabei: der zukünftige Bürgermeister Gerard Zoller mit seiner Firma Robin SA gibt sich gerne nach aussen als menschenrechtsfreundlich. Klingt natürlich erstmal gut. Dass eine frauenfeindlice Politik nicht menschenrechtsfreundlich ist, haben er und seine 2 Männerkollegen wohl im Eifer des Gefechts ausversehen vergessen. Eine Schande…
Frau Jill Goeres wurde in meiner Heimatgemeinde Bech mit einer Quote von über 49% gestimmt. In anderen Worten, jeder zweite Wähler hat ihr eine Stimme abgegeben. Frau Goeres absprechen zu wollen, sie tauge für das Bürgermeisteramt, ist auch eine Frechheit gegenüber der Wählerschaft der Gemeinde Bech! Im neuen Schöffenrat der Gemeinde sind mit Herrn Classen und Frau Wohlfart alle Generationen der Einwohnerschaft vertreten, so dass man sich keine Sorgen machen muss, in der kommenden kommunalen Amtsperiode würde nur Politik im Interesse der jungen Bürgerschaft betrieben.
Es gibt weitere Beispiele in der luxemburgischen Geschichte von erfolgreichen, jungen Politikern, die später eine großartige Karriere absolviert haben. Und genauso, wie man einem 82-jährigen die Kompetenzen nicht abspricht, die Geschicke der USA (und der westlichen Welt) führen zu können, sollte man einer jungen Frau die Gelegenheit geben, ein Bürgermeisteramt zu übernehmen, solange sie über die Unterstützung ihrer Bürger verfügt! Wir Einwohner der Gemeinde Bech freuen uns umso mehr, da sich im Jahr 2017 nicht ausreichend „erfahrene“ Kandidaten gemeldet hatten, um eine Wahl abhalten zu können. Dem demokratisch legitimierten Schöffenrat mit Frau Goeres an der Spitze wünsche ich einen guten Start in die nächste Amtsperiode.
Alter schützt vor Dummheit nicht. Viele sogenannte gestandene Politiker kleben doch nur des Geldes oder der vermeintlichen Macht wegen an ihren Stühlen und geben den jungen Idealisten keine Chance sich und ihre Ideen einzubringen. In Bech hat man bewiesen, dass es auch anders geht!
Mich würde jetzt mal interessieren wie man mit 20 ein Haus kaufen kann. Bitte um Erklärungen.
Gudde Commentair. Leider ass dat nëtt nëmmen haut de Fall dat jonk Leit déi sech an Politik abrénge wëllen, vun deenen Alen attackéiert ginn. War selwer am Fall bei der Wal fir verschidde Gemengekommissioune, wou déi Al och nëtt wollte réckelen fir Jonken mol d’Geleenheet ze ginn politesch Experienz ze sammelen. Et geet alt erëm em dat léift Geld.
„Jonkt Geméis“ Wat e blöden aus dem preiseschen kopéierten/iwersaten Ausdrock. >Das junge Gemüse< Aua!
Absolut richteg
„Jonkt Geméis“, firwaat nëtt mol nei Ideen,
der aaler Knackerten woren laang genug do vir hier Teschen
ze föllen.