Kino / Geisterstunde: Geisterfilme zwischen Schauer und Lachen
Geister bevölkern die Kinoleinwände schon fast so lange, wie es Filme gibt. Der Geisterfilm hat dabei im Besonderen zwei Ausformungen angenommen, die ihn sowohl zum festen Bestandteil des Horrorgenres als auch dessen komödiantischen Einschlags machten – eine sträflich vereinfachte und unvollständige Übersicht.
Der Geisterhorror
Bereits der französische Stummfilmpionier George Méliès verzauberte sein Publikum mit Kurzfilmen wie „The Haunted Castle“ (1896) oder „Le Cauchemar“ (1896), die von übernatürlichen Ereignissen berichteten, von Untoten, die Angst und Schrecken verbreiten. Es war aber erst zur klassischen Studiozeit Hollywoods, dass sich der Horrorfilm definitiv etablierte und in spezifische Spielarten weiterentwickelte und auffächerte. Im Allgemeinen lassen sich dabei zwei Hauptachsen ausmachen, nach denen sich Geisterfilme im Kino ausrichten: Es gibt zum einen den Geisterfilm als ein spezifisches Subgenre des Horrorfilms, das von untoten Seelen auf der Schwelle zwischen Dies- und Jenseits erzählt. Sie sind der Quell der Angst, den das Genre evozieren möchte. Oftmals sind die Protagonisten dieser Filme die einzigen, die mit den Geistern in Kontakt stehen, nur sie können sie wahrnehmen. Sie fungieren als Mittler zwischen den Welten. Wirken die gespenstischen Erscheinungen zu Beginn eines Films meist bösartig und feindlich, so stellt sich im Laufe der Filmhandlung häufig heraus, dass sie eigentlich gequälte und verlorene Seelen sind, die nur auf die Erlösung hoffen.
Mit dem Muster des Geisterschlosses hat sich eine feste Formel mit fixem Schauplatz etabliert. In diesen Filmerzählungen werden Schlossbewohner von untoten Hausherren und -damen heimgesucht. Filme dieser Richtung machen besonders von den Spannungsmustern des Thrillergenres Gebrauch, um ihr Publikum zu fesseln. Der „Jump scare“ gilt heute als fester Bestandteil moderner Horrorfilme, das Stilmittel entstammt dieser Tendenz. „The Haunting“ (1963) von Robert Wise ist heute noch das prototypische Beispiel, auf das sich spätere Filme, bis heute, beziehen. „The Others“ (2001) von Alejandro Amenábar war eine zeitgenössischere Neuauflage dieses Stoffes. „Haunted Mansion“ (2003) bot dann die wenig erfolgreiche komödiantische Parodie auf das Genre, das einer Freizeitparkattraktion nachempfunden war – letztes Jahr wurde von Disney der Versuch unternommen, mit einer Neuverfilmung zu locken.
Dann gibt es jene Filme, die unter dem Gewand des Horrorfilms ebendiese geisterhaften Schauermomente schildern, sich aber am Ende meist als eine spezifische Form des Psychothrillers zu erkennen geben. In Filmen dieser Richtung stehen meist weibliche Figuren im Zentrum des Geschehens, die glauben, mit übernatürlichen Phänomenen konfrontiert zu werden. In Alfred Hitchcocks „Rebecca“ (1940) begleiten wir eine unscheinbare Amerikanerin, die nach ihrer spontanen Heirat mit dem Witwer DeWinter in ein großes Anwesen, dem Familiensitz Manderley, an der Küste Cornwalls zieht. Die Präsenz der verstorbenen Rebecca de Winter, der Vorgängerin, ist immer noch deutlich zu spüren: Die Haushälterin Mrs. Danvers macht deutlich, dass die neue Frau niemals Rebecca ersetzen könne, geht so weit, die junge Frau fast in den Suizid zu treiben. Dieser Film unter der meisterhaften Regie Hitchcocks ist ein Geisterfilm ohne wirklichen Geist – bis in die unmittelbare Kameraführung hinein verweigert Hitchcock der scheuen Heldin ihre Identität, lässt vielmehr die Gegenwart der Verstorbenen aufleben. Die Krise der jungen Heldin entspringt dabei ganz der direkten Umwelt, die ihr feindlich gesinnt ist, nicht einer Geistererscheinung.
Obendrein werden in entsprechenden Filmen besonders gerne Frauen Opfer männlicher Hinterlist. Es sind oft Männer, die zum Zwecke der eigenen Bereicherung, der eigenen Vormachtstellung, versuchen, ihre Frauen um den Verstand zu bringen, indem sie ihnen vormachen, sie litten an Wahnvorstellungen. Mit „Gaslight“ (1944) unter der Regie von George Cukor erhielt Schauspielerin Ingrid Bergman für ihre Leistung den Oscar. Darin begleiten wir die junge Paula, die glaubt, von ihrer toten Tante, Lady Alquist, heimgesucht zu werden. Ihr Mann Gregory tut die Sorgen seiner Frau als Hirngespinste ab, es stellt sich schließlich heraus, dass er selbst für die geisterhaften Geräusche verantwortlich ist. Er wollte sich der Juwelen der verstorbenen Lady Alquist, die er selbst ermordet hat, bemächtigen. Zu diesem Zwecke versuchte er, Paula durch geschickte Manipulation als unmündig zu erklären. Der heute in der Psychologie geläufige Begriff des „gaslighting“ als eine spezifische Form der Manipulation geht auf diesen Film, bzw. auf das vorangehende, gleichnamige Theaterstück zurück.
Einen rauen und unerbittlichen Pessimismus injizierte William Friedkin dem Geisterfilm, indem er mit „The Exorzist“ (1973) die Geisteraustreibung zum Hauptthema der Filmhandlung machte. In seinem Film, der gerne als Vorläufer des Blockbusters gewertet wird, wird ein junges Mädchen von einem Geist, womöglich Satan höchstselbst, befallen. Das Übernatürliche bei Friedkin ist als eine Metapher für die unterdrückte Sexualität in Bezug auf den Generationenkonflikt konzipiert. Das sexuelle Erwachen gilt mithin als das absolut Böse. Die Schockmomente, die Friedkin mit dem Film hervorrief, besonders durch die intensive Nutzung der Filmmusik auf eine neuartige und ungekannte Weise, machten den Film schlagartig berühmt, eine rasante Mund-zu-Mund-Propaganda verhalf dem Film zu ungeahntem Welterfolg – entsprechende Geisteraustreibungsszenarien gibt es freilich bis heute.
Die Horrorkomödien
Die zweite Tendenz beschaut den Geist als Bestandteil der Horrorkomödie. In diesen Filmen, die oftmals als „buddy movie“ angelegt sind, sind die Geister kumpelhafte Gesellen, die in ihrer Erscheinung weniger furchteinflößend sind, als vielmehr lachhaft oder sogar ganz vertraut in ihrem Habitus. Sie benehmen sich wie du und ich: In „Casper“ (1995) ist der Geist sogar ein ganz missverstandenes und liebenswertes Kind, das sich mit einer Gruppe Gleichaltrigen anfreundet. Regisseur Ivan Reitman unternahm 1984 den Versuch, mit „Ghostbusters“ dem Geist als Horrorelement den Garaus zu machen. Drei Parapsychologen, denen die Universitätsfinanzierung entzogen wurde, gründen in New York City einen einzigartigen Geisterbeseitigungsdienst, der verängstige, aber auch skeptische Kunden anzieht. Spätestens mit diesem Film wurde einem breiten Publikum bewusst, dass Geister längst nicht mehr nur Schauer und Unbehagen hervorrufen müssen. Dank damals neuartiger Tricktechnik wurden hier Geistergestalten auf die Leinwand gebracht, die nur noch albern waren. Mit „Ghostbusters: Frozen Empire“ ist nun der zweite Teil einer Neuauflage der Reihe in den Kinos gestartet. Als eine noch dreistere Variante von „Ghostbusters“ konzipierte Peter Jackson seinen Satire-Film „The Frighteners“ (1996): Darin begleiten wir Frank Bannister, der nach dem Unfalltod seiner Frau über die Gabe verfügt, mit den Geistern der Verstorbenen zu kommunizieren. Er macht sich diese Fähigkeit zunutze, indem er als Geisterjäger seine Dienste anbietet – eine schamlose Betrügerei. Bannisters heimgesuchte Opfer wissen nicht, dass er, der vermeintliche Retter, mit drei Gespenstern gemeinsame Sache macht. Bannisters Geisterfreunde sind rüpelhaft im Benehmen, überhaupt haben sie großen Spaß daran, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Geradezu möchte man meinen, „The Sixth Sense“ (1999) wäre eine direkte Reaktion auf Jacksons Persiflage-Film, so überaus ernst nimmt er seine Geschichte um einen verstörten Jungen, der tote Menschen sehen und mit ihnen kommunizieren kann. M. Night Shyamalans Film, der den Geisterfilm wieder furchteinflößend machte, verdankt seinen Erfolg zuvorderst dem Plot-Twist am Ende der Erzählung, er bleibt indes auch auf diesen reduziert. Anders verhält es sich in Guillermo del Toros „El espinazo del diablo“ (2001) – der Geist in Gestalt eines ermordeten Waisenkindes ist hier auch eine Metapher für die verlorenen Generationen des spanischen Bürgerkrieges. Die besseren Geisterfilme schaffen diese zweite Ebene, in allen Fällen jedoch lässt sich an dieser Nebeneinanderstellung beobachten, dass sich das Erscheinen der Geister in Horror- und Komödienfilmen in der jüngeren Filmgeschichte fast parallel entwickelt hat.
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Nach einem richtigen Horrofilm sperre ich die Schlafzimmertuer ap ,schaue unters Bett befor Ich mich reinlege nehme meinen Petzi in den Arm und lasse die ganze Nacht das Licht brennen . Ist mir aber schon lange nicht mehr passiert .